Aufschlussreiche Informationen und lebendige Diskussion im BFA Zoom-Meetings mit Manfred Haferburg, Spezialist für Kernkrafttechnik. Sein Thema: „Volatile Energie oder warum die Energiewende nicht gelingen kann
Seine These: Die Energiewende, die in Deutschland quasi-religiösen Status hat, kann nicht gelingen. Dem steht die physikalische Realität entgegen, so Manfred Haferburg, ausgewiesener Kernkraftexperte, der dies dies an einem ganz konkreten Beispiel deutlich machte:
Der Tag unseres Stammtisches, der 6. November 2024 war einer von vielen Tagen mit Dunkelflaute,
Dunkelflaute bedeutet, dass kein Wind weht und keine Sonne scheint. Die 31.000 Windräder lieferten an diesem 6. November um 10 Uhr morgens gerade mal um 1 GW – also praktisch nichts. Potentiell liefern die Windkrafträder 70 Gigawatt, aber am 6. November nur ein Gigawatt. Die Sonne schien auch nicht, so dass von den Solarpaneelen nur ca. 6,6 Gigawatt geliefert wurden, von rund potentiell 93 Gigawatt.
Also mussten die Kohlekraftwerke hochgefahren werden und lieferten zu dieser Zeit rund 41 Gigawatt .
Ein paar Gigawatt lieferten die teuren Gaskraftwerken. Strom musste importiert werden, aus Tschechien, Polen, Frankreich.
Die CO2-Werte, die heilige Kuh der Energiewende, lagen klar über den geforderten Werten, Deutschland – CO2 Europameister des 6.11.2024. Klimaziele: klar verfehlt. Um 10:00 Uhr am Morgen lag der Der CO2-Austoss bei mehr als 500 g CO2/kWh, das Kernenergieland Frankreich lag bei etwa 56 g CO2/kWh, also einem Zehntel Deutschlands.
Dies bedeutete aber auch, dass an diesem 6. November zwischen 17:00 und 18:00 Uhr der Strom an der Strom-Börse die Deutschen 820 Euro pro Megawattstunde kostete – ohne Steuern. Zum Vergleich, der durchschnittliche Strompreis am Europäischen Strom-Spotmarkt beträgt etwa 67 Euro pro Megawattstunde.
Vom Einzelfall zur allgemeinen Überlegung
Manfred Haferburg machte an vielen Beispielen deutlich, dass das Projekt „Energiewende“ weder eine vernünftige Zieldefinition hatte, auch keine Umsetzungsplanung, keine Struktur, keine Projektkontrolle. Die Erreichung der regierungsamtlichen Ausbauziele für erneuerbare Energien bis 2030 sind eine Unmöglichkeit. Für eine gesicherte Stromversorgung ist der Weiterbetrieb der verbliebenen deutschen KKW unumgänglich, so der Referent.
Er untermauerte das deutsche Energiewende-Dilemma durch Zahlen: Seit 2016 wurden in Deutschland 11.000 MW Kernkraftwerkskapazität stillgelegt. Stillgelegt wurden auch 3.000 MW Braunkohle, 2.500 MW Steinkohle, 3.500 MW Erdgas und 1.000 MW Mineralöl. Jetzt drohen durch den Gasmangel 25.000 MW Gaskraftwerkskapazität wegzubrechen. Es geht um 55.000 MW Erzeugungskapazität, die wegfällt. Das sind ungefähr 50 Großkraftwerke, die im Netz fehlen.
Ersetzt werden soll dies alles durch erneuerbare Energien. Dabei wird oft installierte Leistung mit verfügbarer Leistung verwechselt. Wenn man ein KKW oder Kohlekraftwerk mit 1.000 MW installierter Leistung hat, sind durchschnittlich 950 MW verfügbar, wenn die Leistung benötigt wird. Wenn man einen Windpark mit 1.000 MW installierte Leistung hat, sind durchschnittlich 180 MW verfügbar, so der Energie-Experte.
Es gibt Stunden, da decken die Umweltenergien den gesamten Strombedarf, aber es gibt Tage (ca. 50 im Jahr), da fallen sie ganz aus. Deutschland wird immer mehr zum Stromimportland. Es gibt Tage mit 50 % Import.
Haferburg bezeichnet die deutsche Energiepolitik als einen weltweiten Alleingang, dem niemand folgt. Es gibt ein paar Länder ohne KKW, aber die sind mit anderen eigenen Energiequellen wie Wasserkraft gesegnet.
Deutschlands Energiewende schüttet kurzsichtig alte Brunnen zu, bevor neu gegrabene Brunnen genügend Wasser geben. Das russische Gas war die Brückentechnologie, die Reserve-Wasserleitung, um die Zeit zu überbrücken, bis genügend Wasser aus den neuen Brunnen fließt.
Es gibt einen bekannten Strom-Bedarf, der 2030 gedeckt werden muss. Es gibt einen gesetzlichen Plan, was im Rahmen der Energiewende an Kernkraft und Kohle stillgelegt werden soll. Daraus ergibt sich eine Strom-Erzeugungslücke, die durch den Zubau von Erneuerbaren gedeckt werden müsste. Jeder könne, so der Ingenieur Haferburg, den notwendigen Zubau an Wind- und Solaranlagen über die Zeit errechnen. Wasserkraft und Bioenergie sind auf Grund mangelnder geologischer Voraussetzungen nicht nennenswert ausbaubar.
Was müsste also ab sofort arbeitstäglich für die nächsten acht Jahre gebaut werden, um die regierungsamtlich verkündeten Ziele zu erreichen?
- Für Wind-Onshore bedeutet das: 294 Windenergie-Anlagen pro Monat, oder 10 neue Onshore-Windenergie-Anlagen pro Tag (zum Vergleich: In 2020 wurden pro Monat 35 Onshore-Anlagen zugebaut).
- Wind-Offshore: 15 Anlagen pro Monat oder alle zwei Tage eine neue Windenergie-Offshore-Anlage (Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2021 erfolgte kein Zubau von Offshore-Anlagen)
- Photovoltaik: 16.670 Anlagen pro Monat oder 556 neue PV-Anlagen pro Tag
Und selbst wenn die Rohstoffe Kupfer, Nickel und Molybdän für diese Ausbauziele von einem anderen Planeten importiert würden und die nötigen Fachkräfte in Scharen nach Deutschland strömten, es hülfe nichts: Alle Windkraftanlagen, egal wie viele, produzieren bei Flaute null MW.
Schon jetzt habe dieses Nichtprojekt, so Manfred Haferburg, den Steuerzahler fast eine Billionen Euro gekostet.
Sein Fazit: Die Energiewende, der Ausstieg aus der Kernenergie ist ein ideologisches Projekt, einsam auf der Welt. Deutschland verrennt sich und gefährdet Wohlstand und Sicherheit der Bürger und der Wirtschaft. Und fast alle machen mit. Welche politischen Kräfte werden den Mut aufbringen, das Offensichtliche zu sagen und die richtigen Weichen zu stellen?
Wir sind froh, dass wir am 6. November mit unserem Stammtisch einen bescheidenen Beitrag zur Aufklärung leisten konnten.
Am 4. November ist das unbedingt empfehlenswerte neue Buch von Manfred Haferburg erschienen, auf das wir hinweisen wollen
Manfred Haferburg hat eine bewegte Vergangenheit. Er wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen.
Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer.