
Leserbrief:
Ein Symbol gesprengt – was der Abriss von Gundremmingen bedeutet
Während Deutschland auf erneuerbare Energien setzt, wächst die Sorge um die Versorgungssicherheit. Immer häufiger fällt das Stichwort „Dunkelflaute“ – jene wind- und sonnenarmen Tage, an denen Solar- und Windkraft kaum Strom liefern. Aber auch an jedem anderen Tag werden Backup-Kraftwerke benötigt, um die unkalkulierbaren Schwankungen der Erneuerbaren ausgleichen.
Heute wurde in Gundremmingen Geschichte gesprengt. Die beiden markanten Kühltürme des ehemaligen Kernkraftwerks fielen – unter dem Applaus vieler Zuschauer. Für manche war es ein spektakuläres Ereignis, für andere jedoch ein bitterer Moment. Denn mit jedem Stück Beton, das in sich zusammenstürzte, verschwand auch ein Teil unseres industriellen und energetischen Erbes.
Gesprengt wurde mehr als nur Beton:
ein Stück Volksvermögen,
ein Teil der Sicherung unseres Wohlstands,
eine Anlage, die von der EU als klimaneutral eingestuft ist –
und ein Kraftwerkstyp, den viele Länder derzeit neu aufbauen.
„Wer nicht hören will, muss fühlen“, sagt ein altes Sprichwort. Und genau das scheint sich zu bewahrheiten. Wer die Grundlagen der Physik, die Zuverlässigkeit bewährter Technik oder die Realität der Wind- und Wetterverhältnisse ignoriert, wird die Folgen zu spüren bekommen – viele davon sind längst sichtbar:
- Deutschlands Strompreise gehören zu den höchsten der Welt.
- Gaskraftwerke fehlen, um Versorgungslücken zu schließen.
- Das Land ist inzwischen CO₂-Vizeeuropameister.
- Industriebetriebe wandern ab, Investitionen werden gestoppt.
- Die Kosten für Netzmanagement explodieren.
- Aus dem einstigen Stromexporteur ist ein Stromimporteur geworden.
Was heute in Gundremmingen fiel, war nicht nur ein Symbol erfolgreicher Energiepolitik – es war auch ein sichtbares Zeichen dafür, wie tief Deutschland in der Energiekrise der eigenen Fehlentscheidungen steckt.
„Sechs Fakten, die den Wahnsinn belegen: Mit der Sprengung des Kernkraftwerks wird nicht nur enormes Potenzial für immer zerstört – auch die positiven Auswirkungen für die Menschen im Land verschwinden spurlos.“
4,7 Millionen Haushalte:
Die beiden Reaktorblöcke B und C des Kernkraftwerks Gundremmingen produzierten bis zu ihrer Abschaltung jedes Jahr rund 21 Milliarden Kilowattstunden Strom. Diese Energiemenge hätte ausgereicht, um etwa 4,7 Millionen Vier-Personen-Haushalte mit Strom zu versorgen – oder anders gesagt: Gundremmingen hätte fast ein Drittel des gesamten Strombedarfs Bayerns decken können.
1500 Windräder:
Um die gleiche Strommenge von 21 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr zu erzeugen, wären mehr als 1500 Windkraftanlagen nötig – ein enormer technischer und flächenmäßiger Aufwand. Der Vergleich ist jedoch nur bedingt aussagekräftig: Kernkraftwerke liefern mit rund 95 Prozent Verfügbarkeit zuverlässig und planbar Energie. Windkraftanlagen hingegen erzeugen Strom nur dann, wenn ausreichend Wind weht – unabhängig davon, ob der Strom in diesem Moment gebraucht oder ins Netz eingespeist werden kann.

Auf diesem Bild sind inklusive Horizont knapp 100 Windmühlen zu sehen – es bräuchte 15- bis 20-mal so viele, um so viel Strom zu erzeugen, wie das Kernkraftwerk Gundremmingen geliefert hatte.
Alte Energie, neue Debatte: Soll Gundremmingen wieder ans Netz?
Während Deutschland auf erneuerbare Energien setzt, wächst die Sorge um die Versorgungssicherheit. Immer häufiger fällt das Stichwort „Dunkelflaute“ – jene wind- und sonnenarmen Tage, an denen Solar- und Windkraft kaum Strom liefern. In dieser Situation rückt ein Name wieder in den Fokus, der eigentlich schon Geschichte war: Gundremmingen.
Ein Kraftwerk mit beachtlicher Leistung
Die beiden Reaktorblöcke B und C des Kernkraftwerks Gundremmingen verfügten einst über eine Leistung von 2,6 Gigawatt – genug, um Millionen Haushalte zu versorgen. Zum Vergleich: Die Bundesregierung plant derzeit rund 40 neue Gaskraftwerke mit insgesamt 20 Gigawatt Leistung, um Stromlücken zu schließen. Doch die Europäische Kommission will nur etwa die Hälfte dieser Projekte genehmigen, da die geplante staatliche Förderung als Wettbewerbsverstoß gewertet werden könnte. Damit würde Gundremmingen allein so viel leisten wie rund fünf dieser Gaskraftwerke – und das ohne CO₂-Ausstoß.
Wieder am Netz in vier Jahren
Laut einer Studie der Radiant Energy Group aus den USA könnte Gundremmingen in nur vier Jahren wieder Strom produzieren. Die Experten halten die Reaktoren für technisch vergleichsweise leicht reaktivierbar. Gerade in Bayern, wo Industrie und Mittelstand stark vom Energiepreis abhängig sind, könnte das Kraftwerk zu einer wichtigen Stütze werden.
Kosten im Vergleich gering
Die Wiederinbetriebnahme der Blöcke B und C würde rund drei Milliarden Euro kosten – eine Summe, die angesichts von jährlich 20 Milliarden Euro an Fördergeldern für Solaranlagen relativ gering erscheint. Befürworter sehen darin ein wirtschaftlich sinnvolles Signal: weniger neue Schulden, mehr stabile Energie.
Deutschlands teuerster Strom
Mit durchschnittlich 36,5 Cent pro Kilowattstunde zahlen deutsche Haushalte derzeit die höchsten Strompreise Europas. Besonders die Industrie klagt über steigende Kosten – mit Folgen wie Produktionsrückgängen, Investitionsstopps oder gar Abwanderung ins Ausland. Jede zusätzliche, planbar verfügbare Stromquelle könnte die Preise senken und den Druck auf das Netz verringern. Ein Wiederbetrieb Gundremmingens, so argumentieren Experten, könnte so zum Dämpfer für den Strompreis werden.
Ein Symbol für die Energiepolitik
Ob Gundremmingen tatsächlich wieder ans Netz geht, ist offen. Doch die Diskussion zeigt, wie sehr sich die deutsche Energiepolitik im Spannungsfeld zwischen Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit bewegt. Die Entscheidung über die Zukunft des Kraftwerks ist damit auch eine grundsätzliche Frage: Wie viel Planbarkeit ist Deutschland seine Energiewende wert?
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